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Die Schweiz will 5,3 Milliarden Franken in den Ausbau von Autobahnen investieren. Dadurch soll es zu weniger Staus kommen. Aus Sicht der Gegner ziehen mehr Strassen aber noch mehr Verkehr an. Am 24. November 2024 entscheidet das Stimmvolk über den umstrittenen Kredit.
Seit 60 Jahren queren mehrere Autobahnachsen die Schweiz von Ost nach West und von Nord nach Süd. Zu den ältesten Abschnitten gehört derjenige der A1 beim Grauholz vor den Toren Berns. Bis in die 1970er-Jahre fuhren dort täglich 16 000 Fahrzeuge vorbei. Inzwischen sind es rund 100 000, weshalb in den Stosszeiten der Verkehr stockt. Bereits in den 1990er-Jahren wurde das Teilstück auf sechs Spuren ausgebaut, und in Zukunft sollen Autos und Lastwagen am Grauholz gar auf acht Spuren rollen. Die dort geplante Verbreiterung ist nur eines von sechs Projekten im Rahmen eines Nationalstrassenkredites von insgesamt 5,3 Milliarden Franken. Vorgesehen sind weitere Autobahn-Ausbauten unter anderem am Genfersee, ein neuer Strassentunnel unter dem Rhein in Basel sowie zusätzliche Tunnelröhren bei St. Gallen und Schaffhausen.
Gegen diesen «masslosen Autobahn-Ausbau» wehrt sich eine Allianz von 40 Umweltorganisationen und Parteien. Sie hat erfolgreich das Referendum gegen den vom Parlament beschlossenen Kredit ergriffen, weshalb es am 24. November 2024 zur Volksabstimmung kommt. «Staus zu verhindern, indem man Strassen baut, ist ein Konzept aus dem letzten Jahrhundert», sagt die grüne St. Galler Nationalrätin Franziska Ryser. Sie ist Co-Präsidentin des Vereins «umverkehR», der ein Umdenken beim motorisierten Individualverkehr erreichen will. Statt in «fossile Monsterprojekte» sollten öffentliche Gelder besser in eine Verlagerung des Verkehrs von der Strasse auf die Schiene investiert werden, betont Ryser.
Für die Gegnerinnen und Gegner sind die Autobahnen gar «Klimakiller». Nicht nur deshalb, weil der Strassenverkehr für rund einen Drittel der CO2-Emissionen verantwortlich sei. Auch verursachten die für den Bau benötigten Unmengen an Beton und Stahl ebenfalls schädliche Treibhausgase. Hinzu kämen Lärmbelastung sowie der Verschleiss von wertvollem Kulturland.
Im Fall der Ausbaupläne am Grauholz wehrt sich zudem der Berner Bauernverband gegen den Verlust von mehreren Hektaren Landwirtschaftsland. Zentrale Botschaft der Nein-Kampagne ist das Argument, wonach mehr und breitere Strassen nur kurzfristig zu einer Entlastung führten. Ein Ausbau der Kapazitäten schaffe vielmehr falsche Anreize und verursache deshalb längerfristig neue Staus. Die Frage, ob mehr Strassen tatsächlich mehr Verkehr mit sich bringen, ist gemäss Experten schwierig zu beantworten.
Für Carsten Hagedorn, Professor für Verkehrsplanung an der Ostschweizer Fachhochschule, stellt sich die Huhn- und-Ei-Frage: «Was war zuerst da: der Verkehr oder die Strasse?» Letztlich würden dort Strassen gebaut, wo es eine Nachfrage gebe, sagte Hagedorn gegenüber Radio SRF. Neue Strassen verkürzten die Zeit, während der man unterwegs ist: «Bei der Entscheidung, ob ich das Auto oder ein anderes Verkehrsmittel nehme, ist die Reisezeit ein wichtiger Faktor. Dementsprechend kann es passieren, dass durch einen Ausbau das Auto deutlich attraktiver wird.»
Für die Befürworterinnen und Befürworter geht es bei der Vorlage einzig darum, Engpässe zu beseitigen. Die vor über 60 Jahren gebaute Verkehrsinfrastruktur entspräche nicht mehr den heutigen Bedürfnissen von Bevölkerung und Wirtschaft, betont die Thurgauer SVP-Nationalrätin und Unternehmerin Diana Gutjahr. «Stecken unsere Arbeitskräfte im Stau fest, können sie ihre Arbeit nicht erledigen.» Gewerbetreibende könnten nicht einfach auf den Zug umsteigen, um ihre Dienstleistungen vor Ort zu erbringen. 2023 wurden auf dem gesamten Nationalstrassennetz rund 48 800 Staustunden registriert, das sind 22 Prozent mehr als im Vorjahr. Gutjahr beziffert die Folgekosten von Verkehrsüberlastungen auf jährlich rund 1,2 Milliarden Franken. Länger dauernde Transporte verteuerten Produkte und Dienstleistungen. Ein weiteres Argument sieht das Ja-Komitee in der Entlastung von Städten und Gemeinden. Ein flüssiger Verkehr auf den Hauptachsen führe zu weniger Ausweichverkehr. Wenn Pendlerinnen und Pendler keinen Stau befürchten müssen, suchten sie weniger nach «Schleichwegen» auf Nebenstrassen oder durch Wohnquartiere. Dies führe letztlich zu einer höheren Lebensqualität für die Bevölkerung in Städten und Agglomerationen.
Beim Urnengang vom November gelangen noch drei weitere Vorlagen zur Abstimmung (siehe Kasten). Für Auslandschweizerinnen und -schweizer, die in der Schweiz Immobilien besitzen und vermieten, sind insbesondere die beiden Mietrechtsrevisionen von Bedeutung.
Ja-Komitee:
www.zusammen-vorwaertskommen.ch
Nein-Komitee:
www.autobahnwahn.ch
Kredit zum Ausbau der Nationalstrassen
Das Parlament hat mit dem Ausbauschritt 2023 sechs Projekte mit Kosten von insgesamt 5,3 Milliarden Franken beschlossen. Dabei geht es um zusätzliche Fahrspuren sowie Tunnelröhren auf stark belasteten Autobahnabschnitten. Gegen diesen «Bauwahn» stellt sich eine Allianz von 40 Organisationen. Sie erachtet die Projekte als schädlich, teuer und nutzlos. Für die bürgerlichen Befürworter geht es lediglich darum, bestehende Engpässe zu beheben. (mehr dazu siehe Haupttext)
Mietrecht I: Strengere Regeln für Untermiete
Wer als Mieterin oder Mieter eine Wohnung oder ein Zimmer untervermieten will, benötigt dazu künftig eine schriftliche Zustimmung der Eigentümerschaft – und muss darüber hinaus mehr Angaben zur Untermiete liefern. Bislang reichte ein mündliches Einverständnis. Bei Verstössen gegen die Vorschriften riskieren die Mietenden die Kündigung. Gegen diese Aufweichung des Mieterschutzes wehrt sich der Mieterinnen- und Mieterverband zusammen mit linksgrünen Parteien.
Mietrecht II: Einfachere Kündigung bei Eigenbedarf
In der Schweiz soll es einfacher werden, eine vermietete Wohnung für eigene Bedürfnisse zu nutzen. Bisher mussten Besitzende einer Liegenschaft nachweisen, dass sie das Objekt «dringend» für sich oder nahe Verwandte benötigen, um einen bestehenden Mietvertrag aufzulösen. Auch diesen «Frontalangriff der Immobilien-Lobby auf den Kündigungsschutz» bekämpft die Linke an der Urne. Die bürgerlichen Befürworter erachten die neuen Rege- lungen beim Mietrecht hingegen als fair.
Einheitliche Finanzierung von Leistungen der Krankenversicherung
Im Gesundheitssektor gelten heute für jeden Bereich – ambulant, stationär, Pflege – unterschiedliche Finanzie- rungssysteme. Von einer einheitlichen Finanzierung erhofft sich das Parlament kostensparende Anreize: zum Beispiel mehr ambulante Behandlungen statt teuren Spitalaufenthalten. Dadurch sollen bis 440 Millionen Franken pro Jahr eingespart werden können. Gegen die Vorlage wehrt sich die Gewerkschaft VPOD: Sie befürchtet Abstriche bei den Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal und der Betreuungsqualität.
Kommentare
Kommentare :
I invite everyone to look up the terms "induced demand" and "generated demand" in connection with transport planning. One soon sees that providing ever more traffic capacity is completely unsustainable. Act in haste, repent at leisure.
J'invite tout le monde à consulter les termes «demande induite» et «demande générée» dans le cadre de la planification des transports. On s'aperçoit vite qu'il est tout à fait insoutenable de fournir toujours plus de capacité de trafic. Agir dans la précipitation, se repentir à loisir.
Ich lade alle ein, einmal die Begriffe «induzierte Nachfrage» und «erzeugte Nachfrage» im Zusammenhang mit der Verkehrsplanung nachzuschlagen. Man sieht schnell, dass es völlig unhaltbar ist, immer mehr Verkehrskapazität bereitzustellen. Überstürztes Handeln wird später bereut.