Konservativen Kreisen geht der Entscheid des Parlaments zu weit. Sie haben mehr als 60 000 Unterschriften zusammengetragen, damit das Volk das letzte Wort erhält. Sie argumentieren teilweise religiös: In der Bibel sei die Ehe ausschliesslich für heterosexuelle Paare vorgesehen. Sie sei die natürliche Lebensgemeinschaft, aus der Kinder hervorgingen. Am meisten stört die Gegnerschaft der Zugang zur Samenspende. Den so gezeugten Kindern werde der Vater vorsätzlich verwehrt, kritisiert sie. Das Kindswohl leide. Zudem seien weitergehende Forderungen, wie die Eizellenspende oder Leihmutterschaft, zu befürchten. «Das geht einfach viel zu weit», sagt Marianne Streiff, die bis im Juni dieses Jahres Parteipräsidentin der EVP war.
Das Ja-Komitee widerspricht. Von einer Salamitaktik könne keine Rede sein. Ziel sei die Gleichberechtigung, die gemäss Verfassung jedem Menschen unabhängig von seiner Lebensform zustehe. Die Befürworterinnen und Befürworter verweisen darauf, dass Kinder die Identität des Samenspenders erfahren können, sobald sie 18 Jahre alt sind. Die Eizellenspende und Leihmutterschaft sind nicht Teil der Vorlage: Sie bleiben in der Schweiz verboten.
«Ein Ideal, das nicht mehr zu retten ist»
Neue Familienformen seien längst Alltag, sagt Yv E. Nay von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Studien zeigten einstimmig, dass für das Wohlergehen der Kinder nicht die sexuelle Präferenz der Eltern, sondern die Beziehungsqualität und das Klima in der Familie entscheidend seien. Nay beobachtet, dass in politischen Auseinandersetzungen um die Rechte der LGBTQ mit Kindern traditionelle Bilder heraufbeschworen werden, die mit der gelebten Realität von Regenbogenfamilien wenig zu tun haben. «Es wird immer noch an einem Ideal festgehalten, das eigentlich nicht mehr zu retten ist und das als solches, wenn überhaupt, dann nur sehr kurze Zeit existierte.»
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