Editorial
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Doch, doch, wir wenden uns gleich den Eidgenössischen Wahlen vom 20. Oktober 2019 zu. Aber erst werfen wir einen Blick aufs Gebäude, in dem schweizerische Politik gemacht wird. Haben Sie gewusst, dass die stolze Kuppel des 1902 errichteten Bundeshauses zunächst kupferrot leuchtend war?
Über vier Jahrzehnte hinweg verwitterte das Kupfer langsam. Die Kuppel erhielt nach und nach eine türkisgrüne, grünspangrüne Patina. Als sie 2007 renoviert werden musste, verwendeten die Handwerker dazu künstlich gealtertes Kupfer. Ziel des Tricks war es, das vertraute Bild zu erhalten, an das sich die Schweiz so sehr gewöhnt hatte.
Nicht vertraut, sondern grundlegend neu ist, was sich unter dieser Kuppel tut: Hier tagt künftig ein Parlament, das so grün ist wie keines je zuvor. Denn: Die ökologisch ausgerichteten Kräfte haben am 20. Oktober mächtig zugelegt. Superlative sind beim Beschrieb schweizerischer Politik selten angezeigt. Diesmal darf man sie verwenden: Der Umbruch hat historische Ausmasse. Keine Partei legte in den letzten 100 Jahren an einem Wahltag mehr Sitze zu, als dies die Grüne Partei Schweiz diesmal tat. Dazu kommen die Erfolge der liberalen grünen Kräfte.
Die politische Grünfärbung erfolgte sehr viel rasanter als der gemächliche Oxydationsprozess auf der Bundeshauskuppel. Der Umbruch begann, als die Wahlzettel noch gar nicht gedruckt waren. Das bisherige Parlament rang sich nämlich mehr und mehr zu umweltpolitischen Positionen durch, die man ihm zu Beginn der Amtszeit niemals zugetraut hätte. So stimmte der Nationalrat im Herbst für eine Klimaabgabe auf Flugtickets. Ein Jahr zuvor hatte sich der gleiche Nationalrat vehement gegen diese klimapolitische Lenkungsabgabe gestemmt. Das Beispiel zeigt: Die Sorgen angesichts der immer unübersehbareren Folgen des Klimawandels sind im politischen Alltag angekommen. Die politische Suche nach Wegen – nach Auswegen – hat eingesetzt.
Sie interessieren sich nicht für Wahlen? Dann interessiert Sie vielleicht, wie sehr die schweizerische Tugend – das Sparen – unter Druck gerät, weil die Banken auf Sparguthaben praktisch keinen Zins mehr gewähren. Wer tüchtig spart, muss seine Bank fürs Hüten des eigenen Vermögens gar entschädigen. Die Angst vor Negativzinsen beschäftigt in der Schweiz viele. Wie darauf zu reagieren ist, weiss so genau niemand. Auch die «Schweizer Revue» hat kein Rezept. Aber immerhin beschreibt sie das Phänomen auf Seite 16 dieser Ausgabe ganz griffig – und hoffentlich mit Erkenntnisgewinn.
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