Editorial
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Wer die ganz plakativen Klischees der Schweiz hervorklaubt, landet früher oder später – beim Käse. Vermutlich beim Emmentaler.
Dieser grosslöchrige Käse ist geradezu eine schweizerische Ikone. Nur: Im Ausland wird weit mehr Käse mit dem Etikett «Emmentaler» hergestellt als in der Schweiz. Die Schweizer Käsebranche will deshalb den Schutz der Marke verbessern und hat die Gerichtsbarkeit der Europäischen Union angerufen. Das ist nicht ohne Reiz: Die «fremden Richter», vor denen in Schweizer Agrarkreisen oft gewarnt wird, sollen ein Agrarprodukt schützen helfen, das schweizerischer nicht sein könnte. Wie der Fall enden wird, ist offen.
Junger Emmentaler ist übrigens mild. Je nach Reifegrad wird er kräftig, würzig, rezent. Lässt man ihn lange reifen, verändert sich seine Konsistenz und es bilden sich in den Löchern Salzkristalle. Der Emmentaler steht also für Vielfalt und ist alles andere als ein neutraler Käse.
Damit sind wir nun – welch ein Zufall – tatsächlich bei der Neutralität gelandet. Über Neutralität wird in der Schweiz gegenwärtig leidenschaftlich diskutiert. Ist eine Nation, die sich an Sanktionen gegen das kriegsführende Russland beteiligt, noch neutral? Oder ist Neutralität eine Wertehaltung, die angesichts des Schreckens des Krieges eben gerade Anteilnahme und Engagement verlangt? Wegschauen oder hinschauen?
Was die nähere Betrachtung zeigt: Die Bedeutung der Neutralität wandelte sich in der Vergangenheit laufend – und sie wandelt sich auch jetzt. Manchmal liefert der abstrakte Begriff auch keine klare Antwort, so etwa auf die Frage, was zu tun ist, wenn Krieg den Kontinent erschüttert.
Höchstwahrscheinlich werden die Schweizerinnen und Schweizer in absehbarer Zukunft an der Urne zur Neutralität Stellung beziehen können. Das ist durchaus ein Privileg, denn Neutralität stellt nur dann einen soliden Grundwert dar, wenn wir uns darauf einigen, wie wir sie verstehen wollen. Wer jetzt in die Diskussion einsteigen will, wird übrigens verblüfft merken: Über Neutralität kann man gar nicht neutral diskutieren.
Kommentare
Kommentare :
Me han parecido muy interesantes todas las notas de la editorial, pero por sobre todo el tema de la neutralidad. En mi opinión la neutralidad termina siendo parecido al voto electoral en blanco, seguramente esta decisión favorece a alguna de las partes, que entiendo terminara siendo al mas poderoso, o al favorito.