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  • Editorial

Mahlzeit!

12.05.2023

Es ist eine etwas naive, aber trotzdem schöne Vorstellung: In der Küche lässt sich die Welt verändern – auf genüssliche, sinnliche Weise. Denn was auch immer wir kochen und essen: Wir beeinflussen damit ganz direkt grosse Fragen der Zeit.

Marc Lettau, Chefredaktor

Etwa die Frage, was gegen die Lebensmittelverschwendung zu tun ist. Oder die Frage, wie unser übergrosser ökologischer Fussabdruck kleiner werden kann. Unsere Teller sind immer auch kleine Spielwiesen in Sachen Nachhaltigkeit. Damit sind wir bei unserem Schwerpunktthema: der kleinen Revolution in den Schweizer Küchen. Zusehends wandelt sich das Tischgespräch. Es dreht sich nie um Hunger, denn den kennen wir derzeit echt nicht. Es dreht sich aber immer öfter um die Frage, wie wir uns gut ernähren können, ohne damit dem Planeten die Zukunft zu rauben. Dazu gibt es ein paar spannende Schweizer Antworten.

An dieser Stelle war beabsichtigt, so ganz nebenbei ein paar raffinierte kulinarische Weltveränderungs-Rezepte einzuflechten. Aber eine Eilmeldung am Tag des Redaktionsschlusses verschlug allen den Appetit: Quasi über Nacht brach die Grossbank Credit Suisse in sich zusammen. Ihr Niedergang ist eine verstörende Geschichte. Ursprünglich als Schweizerische Kreditanstalt gegründet, prägte die Bank ab 1856 wie keine andere den industriellen Aufbau der Schweiz. Die gebaute Schweiz von heute ist geprägt von den Visionen dieser Bank von damals.

Doch jetzt bleiben von der Pionierbank primär schlechte Erinnerungen. Die Mischung aus Altlasten, untragbaren Risiken, Fehlentscheiden, verspieltem Vertrauen, dem Fehlverhalten Einzelner und den exorbitanten Boni, die sich die Chefetage gönnte, erwies sich als zu toxisch. Der Schaden ist gross. Ausbaden muss den Schlamassel die Nation als Ganzes. Bund und Nationalbank müssen der UBS, welche die Credit Suisse nun übernehmen muss, mit Milliardenbeträgen beistehen.

Und wer die Credit Suisse als Beleg dafür sieht, wie ungut die Abhängigkeit von allzu grossen Banken ist, stellt verwundert fest: Nun entsteht eine einzige und noch mächtigere Bank. Die «Neue Zürcher Zeitung», die in der Bankenmetropole Zürich zuhause ist, beschrieb es am Tag danach so: «Die Schweiz hat sich zwar einer Zombie-Bank entledigt, wacht am Montag jedoch mit einer Monster-Bank auf.» Die Bilanzsumme der UBS wird nach der Übernahme der Credit Suisse fast doppelt so gross sein wie die gesamte Schweizer Wirtschaftsleistung. Da schlucken wir nur noch leer vor unseren vollen Tellern.

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