Menu
  • Politik

Die Fünfte Schweiz hat den grünen Trend verstärkt

23.01.2020 – Marc Lettau

Die Nachwahlanalyse zeigt deutlich: Die Fünfte Schweiz wählte an den Nationalratswahlen 2019 besonders grün. Bei den Ständeratswahlen hatte sie dafür wenig mitzureden.

In historischem Ausmass grüner, weiblicher, etwas linker und eine Spur jünger: Dies war das Fazit der «Revue» zu den Nationalratswahlen vom 20. Oktober 2019. Inzwischen ist nach Stichwahlen auch der Ständerat, die kleine Kammer, komplett. Hier lautet das Fazit ähnlich: Er ist nicht linker, aber signifikant grüner, weiblicher – und jünger. Politikerinnen wie die beiden 31-Jährigen Lisa Mazzone (GE, Grüne) und Johanna Gapany (FR, FDP) sowie die 35-jährige Céline Vara (NE, Grüne) ziehen das Durchschnittsalter künftig nach unten.

Für die Fünfte Schweiz waren die Ständerats-Stichwahlen eine eher unbefriedigende Erfahrung. Weil bei Stichwahlen der Versand der Unterlagen besonders kurzfristig erfolgt, wirkte sich der Ausfall des E-Votings besonders stark aus. Vielen Auslandschweizerinnen und -schweizern blieb die Teilnahme verwehrt. Bei den Nationalratswahlen hatten die Wahlberechtigten der Fünften Schweiz mehr Einfluss: Sie haben die politische Trendwende verstärkt. Ein Viertel aller Stimmen aus dem Ausland ging an die Grünen.

Damit wählten die Fünfte Schweiz markant grüner als die Wählerinnen und Wähler im Inland. Der Analyse des Wahlverhaltens sind zwar Grenzen gesetzt, weil nicht alle Kantone das Stimmverhalten der Fünften Schweiz gesondert ausweisen. Die Zahlen aus bevölkerungsreichen Kantonen ergeben aber ein klares Bild. In Zürich zum Beispiel, dem mit Abstand bevölkerungsreichsten Kanton, akzentuierten die Wählenden aus der Fünften Schweiz den grünen Trend eindeutig. Die Grünen und die Grünliberalen (GLP) kamen im Ausland auf einen gemeinsamen Wähleranteil von fast 38 %. Gleichzeitig wurden die beiden grossen Polparteien SVP und SP auf die Plätze zwei und drei verwiesen (siehe Wahlverhalten Kanton Zürich).

Das Muster wiederholt sich in etlichen Kantonen der Deutschschweiz. Auch in mehrheitlich bürgerlich wählenden Kantonen war der Rückhalt der Grünen bei den Auslandschweizerinnen und -schweizern überdurchschnittlich, wie sich am Beispiel des Kantons Aargau zeigt. Insgesamt verbesserten sich die Grünen im Aargau auf 9,8 %. Der Anteil der grünen Stimmen aus dem Ausland lag hingegen bei 21,7 %. (siehe Wahlverhalten Kanton Aarau).

Ein Erklärungsansatz für den starken Rückhalt grüner Parteien bei im Ausland lebenden Wählerinnen und Wählern ist naheliegend: Der Klimawandel ist das mit Abstand internationalste Thema und aus der Perspektive der Fünften Schweiz wahrnehmbarer als der innerschweizerische Disput über Rentenreformen oder Ähnliches.

Ausgeprägter denn je hat dieses Jahr die Romandie grün gewählt: In Genf und Neuenburg haben die Grünen und die Grünliberalen ihre Wähleranteile mehr als verdoppelt. Das Gleiche schafften die Grünen auch im Kanton Jura und – auf tieferem Niveau – im Wallis. Stark zugelegt haben die Grünen auch in der Waadt. In den Westschweizer Kantonen weicht das Wahlverhalten der Auslandschweizerinnen und -schweizer aber generell weniger stark von jenem der Inlandschweizer ab. Genf dient dazu als Anschauungsbeispiel (siehe Wahlverhalten Kanton Genf).

Was aus der Forderung der erstarkten Grünen nach einem Sitz in der Landesregierung wird, stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest: Wir liefern die Ergebnisse der Bundesratswahl vom 11. Dezember in der nächsten «Revue» nach.

Mitarbeit Datenrecherche: Stefanie Mathis-Zerfass

Kommentare

×

Name, Ort und Land sind erforderlich

Geben Sie einen gültigen Namen ein

Gültige E-Mail ist erforderlich!

Geben Sie eine gültige E-Mail an

Kommentar ist erforderlich!

Sie müssen die Kommentarregeln akzeptieren.

Bitte akzeptieren

* Diese Felder sind erforderlich.

Kommentare :

  • user
    Markus Immer, Philippinen 25.01.2020 um 15:11
    Stellt sich die Frage, aus welchen Gebieten denn die Grün-Wählerstimmen der Auslandschweizer kamen! Höchstwahrscheinlich aus Gebieten, die ihre Stimmunterlagen rechtzeitig erhalten. Die Wahl-Diskriminierung von Auslandschweizern, insbesondere ausserhalb der EU und in weiter entfernen Gebieten, ist politisch gewollt. Daher gibt es auch keine (absolut möglichen) Lösungen oder Alternativen zum E-Voting Dilemma!
    Übersetzung anzeigen
    • user
      Kurt Stauffer, South Africa 27.01.2020 um 17:28
      Da bin ich völlig einverstanden mit Markus Immer! Obschon ich an die zuständige Schweizerbehörde geschrieben habe, dass wir das Stimmmaterial zu spät erhalten, hat sich absolut nichts geändert! Es scheint, dass Auslandschweizer, die ausserhalb Europa wohnen, von den Abstimmungen in der Schweiz eliminiert wurden! Wenn ich das Stimmaterial wenn es gut geht 5 Tage vor der Abstimmung erhalte, reicht es nicht, dasselbe zurückzusenden! Dass man bis heute keine Lösung gefunden hat, um das E-Voting zu ersetzen ist mir unverständlich! Anscheinend ist man in Bern gar nicht interessiert, dieses Problem zu lösen!!
      Übersetzung anzeigen
top