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Der neue SVP-Bundesrat Guy Parmelin stoppte gleich in den ersten Monaten ein strategisches Rüstungsgeschäft seines Vorgängers. Gleichzeitig sorgte er für eine politische Affäre in eigener Sache. Zu einem spürbaren Rechtsrutsch im Bundesrat führte die Wahl des zweiten SVP-Vertreters bisher aber nicht.
Ueli Maurer schien seinem Nachfolger und Parteikollegen Guy Parmelin ein aufgeräumtes Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) übergeben zu haben. Die Weiterentwicklung der Armee wurde vom Parlament bereits 2015 in den wesentlichen Zügen genehmigt. Für genügend finanzielle Mittel war auch gesorgt: Die bürgerliche Mehrheit in beiden Räten hat mehrfach klargemacht, dass die Armee fünf Milliarden Franken jährlich zur Verfügung haben wird und dass trotz verlorener Volksabstimmung der Kampfjet erneut bald auf die Einkaufsliste kommen wird.
Doch die ruhige Einarbeitungsphase des 56-jährigen Waadtländers sollte nicht lange dauern. Schon bald zeigte sich, dass sich Parmelin mit einer Reihe hausgemachter Probleme in der Armee herumschlagen muss. Ende März stoppte der neue Verteidigungsminister überraschend das milliardenschwere Rüstungsprojekt «Bodengestützte Luftverteidigung» (Bodluv) seines Vorgängers. Dabei geht es um die Beschaffung von Fliegerabwehrraketen. Vor den Medien begründete Parmelin den Übungsabbruch damit, dass die Erneuerung der Fliegerabwehr besser mit der Beschaffung neuer Kampfflugzeuge abgestimmt werden müsse. Ausschlaggebend dürfte aber gewesen sein, dass beide der evaluierten Abwehrsysteme Mängel aufweisen und der zuständige Projektausschuss trotzdem bereits mit dem nächsten Rüstungsprogramm eine erste Tranche Bodenluftraketen beschaffen wollte.
Pikant war, dass sich die beiden SVP-Bundesräte öffentlich widersprachen, ein für schweizerische Regierungsgepflogenheiten ungewöhnlicher Vorgang. Maurer erklärte auf Nachfrage der Medien, er könne Parmelins Notbremsung nicht nachvollziehen, beim BodluvProjekt sei «alles okay» gelaufen. Parmelin sah das anders und ordnete eine Administrativuntersuchung an. Dabei lässt der VBS-Vorsteher nicht nur abklären, was im Bodluv-Projekt schiefgelaufen ist, sondern auch, welche Offiziere mit Indiskretionen dafür gesorgt haben, dass Details über die Raketenbeschaffung an die Öffentlichkeit gelangten.
Möglicherweise handelte Parmelin nicht nur aus eigenem Antrieb, sondern auch auf Druck seiner Partei. Jene Führungsstärke, die die SVP bei Verteidigungsminister Maurer bisweilen vermisste, soll nun Parmelin zeigen. Dazu würde passen, dass der neue Verteidigungsminister einen Tag nach dem Bodluv-Stopp bekannt gab, dass er sich von Armeechef André Blattmann trennt. Diesem nimmt die SVP übel, dass er unter Maurer auf eine Armeereform mit einer weiteren Truppenreduktion hinwirkte. Wie in solchen Fällen üblich, bestritt Parmelin, dass die vorzeitige Pensionierung Blattmanns auf März 2017 inhaltliche Gründe habe. Dass die Nerven in der Armeeführung blank liegen, zeigte aber ein Auftritt Blattmanns vor Generalstabsoffizieren. Blattmann bezeichnete den Armeeangehörigen, der Dokumente über die Bodluv-Evaluation an die Fernsehsendung «Rundschau» weitergeleitet hatte, als Verräter. Er freue sich, wenn der Betreffende «im übertragenen Sinne auf die Schlachtbank geführt wird».
Doch auch Parmelin leistete sich bereits in den ersten Monaten einen Misstritt. So setzte sich der frühere Weinbauer im Bundesrat für Steuerprivilegien beim Verkauf landwirtschaftlicher Grundstücke ein, und dies zu einem Zeitpunkt, in dem er selber noch im Besitz einer solchen Baulandparzelle war. Kurze Zeit später trat er das Land an seinen Bruder ab. Als der «Blick» den Vorgang publik machte, sah Parmelin zunächst keinen Grund, warum er bei der Behandlung des Steuerprivilegs für Bauland in Landwirtschaftszonen im Bundesrat hätte in den Ausstand treten sollen. Etwas später räumte der öffentlich stark kritisierte Parmelin dann ein, dass sein Verhalten zwar juristisch korrekt gewesen sei, aber politisch ein Fehler. Während in den Deutschschweizer Medien mehrheitlich die Meinung vertreten wurde, dass Parmelin Sensibilität habe vermissen lassen, witterten die Westschweizer Medien eine Intrige gegen «ihren» Bundesrat. Die Kritik zeuge von Deutschschweizer Herablassung gegenüber der Romandie.
Zu einem spürbaren Rechtsrutsch im Bundesrat hat die Wahl eines zweiten SVP-Vertreters anstelle der BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf bisher übrigens nicht geführt. Am ehesten könnte die Doppelvertretung der SVP noch in der Finanzpolitik zu einer bürgerlicheren Politik führen. In den strategischen Dossiers der SVP, der Europa- und Asylpolitik, unterliegt die SVP in der Landesregierung jedoch auch mit einer Zweiervertretung. Insbesondere bei der Europapolitik stehen die beiden SVP-Vertreter auf verlorenem Posten, da sowohl die beiden FDP-Bundesräte als auch CVP-Vertreterin Doris Leuthard und die beiden SP-Vertreter dem Erhalt der bilateralen Verträge oberste Priorität einräumen und einen Bruch mit der EU um jeden Preis verhindern wollen. Auch in der Asylpolitik brachte der SVP die personelle Verstärkung im Bundesrat bisher wenig . Mit der Forderung nach einer strengeren Bewachung der Südgrenze durch die Armee, um Flüchtlinge abzufangen, blitzten beide ab. Es ist aber nicht auszuschliessen, dass sich die Haltung im Bundesrat ändern wird, sollte es in den Sommermonaten im Asylbereich zu einer Notlage kommen.
Bild Bundesrat Parmelin geriet im Frühling wegen seiner Haltung zum Thema Steuerprivilegien beim Verkauf landwirtschaftlicher Grundstücke unter Beschuss. Foto Keystone
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