In eigener Sache
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Die Redaktion der «Schweizer Revue» hat sechs Politikerinnen und Politiker zur Stimmungslage gegenüber der Fünften Schweiz befragt. Nachstehend die Zusammenfassungen ihrer Statements. Die Umfrage ist auch eine Einladung an die Leserinnen und Leser, selber in die Debatte einzustimmen. Dazu steht die Kommentarfunktion am Ende des Artikels zur Verfügung.
«Ja, die Stimmung hat sich verschlechtert, das spüre ich sogar sehr. Und zwar im Parlament, wo ich nun schon seit 14 Jahren politisiere, wie auch in der Gesellschaft. Aussagen wie «die sind ja selbst schuld, dass sie ins Ausland gezogen sind», häufen sich. Vor allem seit Covid spüre ich eine Art Rückzug ins eigene Reduit, eine Haltung im Stil von «zuerst komme nun ich». Diese Haltung wurde auch bei der 13. AHV-Rente deutlich.
Ein klares Zeichen für die Verschlechterung war auch die Ablehnung meines Postulats zur Krankenversicherung, sogar durch die Grünliberalen. Dabei bin ich sicher, dass damit unter dem Strich sogar Geld gespart worden wäre. Und natürlich die Abbaupläne bei Swissinfo, die finde ich absolut nicht zielführend. Dagegen werde ich mich im Parlament wehren. Bei den Kinderrenten bin ich eher kritisch. Missbräuche müssen konsequent angegangen werden und ich verstehe nicht, warum Kinderrenten nicht an die Kaufkraft des entsprechenden Landes angepasst werden.
Ein weiteres Beispiel: In der Hälfte der Kantone können sich Auslandschweizerinnen und -schweizer nicht an den Ständeratswahlen beteiligen. Nach Rücksprache mit den Kantonen stelle ich fest, dass der Wille, das zu ändern, nicht vorhanden ist. Da heisst es zum Teil, die Ausgewanderten könnten ja in die Schweiz zurückkommen. Dass den rund 800 000 Schweizerinnen und Schweizern im Ausland bewusst die politischen Recht verwehrt werden, ist eine gefährliche Entwicklung.
Ganz offensichtlich interessieren die Anliegen von Auslandschweizerinnen und -schweizern die Politik wenig. Dabei sind sie die besten Botschafter unseres Landes. Wir müssen diese Beziehungen hegen und pflegen. Sie sind auch für die Wirtschaft wichtig: Wenn es immer unattraktiver wird, ins Ausland zu gehen, finden Schweizer Firmen im Ausland bald einmal keine Arbeitskräfte aus der Schweiz mehr. Das habe ich Wirtschaftsvertretern bei meiner letzten Reise nach Thailand und China bewusst gemacht; sie sollten an dieser Thematik wirklich interessiert sein und sich vermehrt für diese einsetzen.»
«Ja, ich spüre eine Tendenz hin zu einer negativen Stimmung gegen die Auslandschweizer. Ich finde es natürlich äusserst schockierend, wenn gesagt oder angedeutet wird, dass die Auslandschweizer «Profiteure» sind!
Spannungen sind nie geeignet, um eine gute Zukunft aufzubauen, die uns allen dient. Ich glaube jedoch, dass trotz der zunehmenden Spannungen auch heute noch viele Menschen – vor allem unter den Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern – die Auslandschweizer als Botschafter der Schweiz betrachten.
Ich könnte mir vorstellen, dass eine verstärkte Kommunikation und der Austausch zwischen den Inlandschweizern und den Auslandschweizern helfen würden, dass sie sich besser kennenlernen. Damit würde auch ein besseres gegenseitiges Verständnis gefördert. Was die Sparvorschläge betrifft, die die Auslandschweizer betreffen, so hat die Auslandschweizer-Organisation (ASO) dem Bundesrat in einem Schreiben detailliert dargelegt, aus welchen Gründen diese abzulehnen sind.»
«Ja, es gibt einen negativen Trend. Dieser wird durch eine Ideologie genährt, die im Ausland lebende Schweizerinnen und Schweizer als Profiteure oder Vermögende, die doppelt profitieren wollen, betrachtet. Diese Sichtweise ist natürlich verfehlt, da sie ausblendet, dass der Grund für eine Auswanderung oft vor allem darin liegt, dass jemand nicht über die nötigen Mittel verfügt, um in der Schweiz einen angemessenen Ruhestand zu verbringen. Diese Ideologie tendiert dazu, das Auswandern als Verrat an der Schweiz zu betrachten. Selbstverständlich bin ich hier vollkommen anderer Meinung.
Die Aussagen, die während der Kampagne zur 13. AHV gemacht wurden, waren schockierend und erniedrigend. Als ob das Geld, das für die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer ausgegeben wird, verlorenes Geld wäre!
Die geplanten Kürzungen im Bereich der Information via Swissinfo sind skandalös. Der nationale Zusammenhalt wird überhaupt nicht berücksichtigt und schon gar nicht, wenn es um den Zusammenhalt mit der Fünften Schweiz geht. Angesichts der Tatsache, dass die Zahl der Auslandschweizer steigt, sollten die Mittel für Swissinfo nicht gekürzt, sondern vielmehr aufgestockt werden.
Die soziologische Realität der Fünften Schweiz ist weitgehend unbekannt. Aufgrund ihrer grossen Vielfalt macht sich jeder seine eigenen Vorstellungen davon. Die SVP hat eine sehr nationalistische Vision der Staatsbürgerschaft entwickelt. Wer sich auf längere Zeit im Ausland niederlässt, gerät in ein schlechtes Licht. Die FDP ist in gewisser Weise «besessen» vom Sparen und richtet sich nur nach dessen gesellschaftlicher Akzeptanz. Und es stimmt, dass es weniger Reaktionen gibt, wenn es die Fünfte Schweiz betrifft.
Wenn sich die Stimmung gegenüber der Fünften Schweiz verschlechtert, wird sich das vor allem negativ auf die zweite Generation auswirken; ihr könnte die Verbindung zur Schweiz noch schneller abhandenkommen. Für unser Land bedeutete dies einen Verlust an Reichtum. Um diesen Trend umzukehren, müssen alle Kanäle genutzt werden, um der Stimme der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer Gehör zu verschaffen. Alle Multiplikatoren in der Schweiz, Kantone und politische Parteien eingeschlossen. Die gewählten Volksvertreter müssen weiter sensibilisiert werden. Ausserdem müssen die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer viel häufiger wählen gehen, um Einfluss auf die Entscheidungen und die gewählten Politiker in der Schweiz zu nehmen.»
«Ich habe nicht das Gefühl, dass sich grundsätzlich ein Graben zwischen Schweizern im Inland und im Ausland auftut. In der Finanzpolitik weht ein rauerer Wind, es sind alle von den Sparplänen des Bundes betroffen. Allerdings müssen wir aufpassen, dass das Band zwischen der Fünften Schweiz und der Metropole, also der Schweiz, nicht strapaziert wird. So muss die SRG ihr Auslandsangebot aufrechterhalten können. Ja, ich bin zwar Mitglied des Initiativkomitees «200 Franken sind genug» und verlange, dass sich die SRG auf ihren Grundauftrag beschränkt. Das Auslandsangebot gehört aber zum Grundauftrag, also Hände weg davon. Man sollte ebenfalls die Hände von Ausgaben mit symbolischer Wirkung lassen: Dass ausländische Schützenvereine keine Munition aus der Schweiz mehr erhalten sollen, finde ich verfehlt.
Bei anderen Vorhaben, etwa beim E-Voting, bin ich skeptischer, auch wenn es natürlich nicht sein kann, dass das Material per Postversand erst nach der Abstimmung oder der Wahl eintrifft. Die Unterlagen sollten per Mail verschickt werden können.
Als Mitglied der SVP verteidige ich zuerst die Interessen der Schweizerinnen und Schweizer, klar. Wir sollten aber nicht vergessen, dass im Wort Auslandschweizer das Wort Schweiz steht. Auslandschweizer sind weder halbe noch schlechte Schweizer. Gewisse Medienberichte lassen den Eindruck entstehen, dass sich Schweizer Rentner im Ausland die Pensionierung vergolden. Dabei geht vergessen, dass es leider viele gibt, die im Rentenalter aus finanzieller Not auswandern müssen.
Das Stimmrecht für die Fünfte Schweiz abzuschaffen, wäre ein Irrsinn, solche Vorschläge schockieren mich. Die Schweiz wäre das einzige Land, das dies so handhaben würde. Ich plädiere im Gegenteil für die Einführung eigener Wahlkreise für Auslandschweizer für die Nationalratswahlen. Wir sollten prüfen, wie unsere Landsleute, die ihre Beziehung zur Metropole aufrechterhalten wollen, besser in unseren politischen Institutionen vertreten sein können.
Auslandschweizerinnen und -schweizer sind nach wie vor Botschafter der Schweiz, und sie sind auch Kontaktpunkte. Ich finde es beispielsweise schön, an einem 1. August im Ausland mit Auslandschweizern zusammen zu feiern. In solchen Momenten spürt man auch klar, dass Auslandschweizer eben Schweizer sind.»
«Leider wird oft angenommen, dass Auslandschweizerinnen und -schweizer mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln ein besseres Leben führen könnten als in der Schweiz. Ausgeblendet wird, dass viele, die im Rentenalter auswandern, dies aus finanziellen Nöten tun und ihr ganzes Erwerbsleben hindurch in unserer Gesellschaft ihren Beitrag geleistet haben. Meines Erachtens wird diese Stimmung aufgrund der angespannten Finanzlage beim Bund und teils auch in den Sozialwerken verstärkt.
Besonders stossend finde ich Vorschläge, die die Existenzsicherung und die soziale Absicherung tangieren, wie dies mit der Kürzung von Renten der Fall wäre. Wenn Leistungen für Auslandschweizerinnen und -schweizer unter Druck kommen, wird womöglich versucht, ihren Rechtsanspruch einzuschränken. Ebenfalls problematisch und am falschen Ort gespart ist eine Kürzung der Information der Auslandschweizerinnen und -schweizer in dem Masse, wie das nun vorgeschlagen wird.
Im politischen Umfeld sind es die Mitte-rechts-Parteien, die abbauen wollen. Generell würde ich aber sagen, dass sich die Bevölkerung nicht so viele Gedanken zur Fünften Schweiz macht. Mir selbst ist dieses Thema auch persönlich vertraut, da mein Bruder im Ausland lebt.
Ob Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer heute noch Botschafter der Schweiz sind? Ich glaube, das ist recht unterschiedlich. Heute ist das wohl weniger der Fall und nimmt ab, je länger jemand im Ausland lebt. Wir müssen Information und Austausch vertiefen, um eine Verschlechterung der Situation zu verhindern.»
Andrea Caroni hat diese Aussagen gegenüber der «Schweizer Revue» im November 2024 gemacht, also noch vor seiner Wahl zum Ständeratspräsidenten. In seinem Präsidialjahr äussert er sich nicht mehr zu politischen Sachfragen. Diese Zurückhaltung hat in der Schweiz Tradition.
«Zu einem generellen Trend kann ich wenig sagen. Verändert hat sich aber sicher die Informationstechnologie, sodass staatliche Spezial-Medien für Auslandschweizer ihre Berechtigung verlieren. Die Sparvorschläge bei Swissinfo leuchten mir darum ein. Ebenso bei den Schweizerschulen. Diese werden zu einem grossen Teil von Nichtschweizern besucht, was keine Staatsaufgabe zulasten unserer Steuerzahler sein kann.
Auch das lebenslange Stimmrecht ist kritisch zu betrachten, dazu habe ich verschiedene Interpellationen eingereicht. Da fallen Mitsprache und Betroffenheit auseinander. Die AHV-Ausbauten sind dafür ein eklatantes Beispiel.
Ich war auch einmal Auslandschweizer und habe Verständnis für deren Anliegen, vor allem bei kurzfristiger internationaler Mobilität. Man darf es aber mit der teils lebenslangen Anspruchshaltung gegenüber einem Gemeinwesen, in dem man weder wohnt noch zu dem man finanziell gleichermassen beiträgt wie die Bevölkerung im Land, auch nicht übertreiben.»
Den ausführlichen Bericht zur – politischen – Stimmungslage gegenüber den Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern finden Sie hier.
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