Ihr Atelier mit drei Webstühlen ist auch Büro und Showroom. Besucherinnen und Besucher können die bunt leuchtenden Teppiche, die farbigen Decken und flauschigen Schals ansehen, anfassen, sich informieren. In einem Laden zu sitzen und auf Kundschaft zu warten, wäre nichts für Isabel Bürgin. Sie muss wirken, werken, sich bewegen. «Ich bin eine Läuferin», sagt die agile Frau, die als Jugendliche Tänzerin werden wollte. Tägliche Fussmärsche regen die Künstlerin an: «Ein Geräusch, eine Farbkombination in den Kleidern einer Frau, die an mir vorbeiläuft, die Natur, Lichtstimmungen: Inspiration kann man nicht holen, dafür muss man offen sein.» Ihre Kreationen entwirft sie am Webstuhl. Sie probiert Muster aus, begutachtet, verwirft, verändert, experimentiert mit Farben und Garnen. So entsteht langsam das Muster, das sie später mit einer Websoftware verfeinert. «Die Ideen kommen aus dem Machen heraus», erklärt sie. «Ich setze das Handwerk in Bilder um.»
Faszinierend – und zu schwierig
In der Textilfachklasse an der Schule für Gestaltung in Basel lernte Isabel Bürgin weben. Allerdings verstand sie anfangs partout nicht, wie Weben technisch funktioniert. «Ich war fasziniert, aber es schien mir zu schwierig.» Doch als die damals sechs Studentinnen Blockunterricht erwirkten, änderte sich alles: Nun hatte sie genügend Zeit, sich in ihre jeweilige Aufgabe zu vertiefen. Ihr räumliches Vorstellungsvermögen bildete sich aus, sie vermochte in das Gewebe hineinzusehen. «Endlich begriff ich, wie Gewebe funktioniert. Damals hat es mich gepackt.»
In ihrer Abschlussarbeit suchte Isabel Bürgin Antworten auf die Frage: Was möchte ich spüren, wenn ich blind wäre; wie könnte sich ein haptischer Fussweg anfühlen? «Damals webte ich meinen allerersten Teppich, einen Läufer.» Sie ahnte nicht, dass das Teppichweben sie 37 Jahre lang, ja wahrscheinlich länger, beschäftigen würde. «Es ist wirklich eine Leidenschaft geworden.»
Kommentare