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«Ich glaube, es war 1927, als ich das erste Mal zu ihm nach Ballaigues fuhr, zu meinem Cousin …». Wer ist dieser Cousin des berühmten Architekten Le Corbusier? Louis Soutter heisst er, ist zu Lebzeiten als Maler verkannt und wird erst viel später einem breiteren Publikum bekannt. Geboren wurde Louis Soutter 1871 in einer Apothekerfamilie in Morges am Genfersee. Die gefühlskalte Mutter erzieht Louis und seine Geschwister äusserst streng. Louis muss Geige spielen und erhält eine vorzügliche musikalische Ausbildung. Er heiratet nach Amerika, kehrt aber einige Jahre später verstört und abgebrannt in die Schweiz zurück. Es gelingt ihm nicht, wieder Fuss zu fassen. Er wird gar bevormundet und in ein Arme-Leute-Altersheim in Ballaigues, im schweizerischen Jura, eingewiesen, wo er fast 20 Jahre bis zu seinem Tode 1942 lebt. Abgeschieden von der Welt beginnt er umso intensiver zu malen. Als seine arthritischen Hände den Pinsel nicht mehr halten können, malt er direkt mit den Fingern. So entsteht ein visionäres Spätwerk mit Tausenden von Blättern voller Figuren.
Der Autor Lukas Hartmann nähert sich in seinem Roman dem Maler und Menschen Soutter in 33 Kapiteln. Abwechselnd erzählen – in der Ich-Form – sein Cousin Le Corbusier und seine Mutter, während in der dritten Person die Sicht seiner Schwester und anderer Bekannten geschildert wird.
Hartmann ist ein eindringliches Porträt dieses schüchternen, hochsensiblen und intelligenten Künstlers gelungen, der verkannt und als lebensuntüchtig abgestempelt worden war. Empathisch hat er sich Soutters Persönlichkeit genähert und dessen Leben in die Zeitgeschichte der Vorkriegsjahre und des Zweiten Weltkrieges eingeordnet. Auch die anderen Figuren sind plastisch fassbar dank dialogischen Szenen, die historisch nicht verbürgt sind. Fakten und Fiktion sind virtuos miteinander verwoben.
Vor einigen Jahren hat sich schon ein anderer Schweizer Autor, Michel Layaz, mit einem interessanten Roman der Figur Louis Soutter angenähert. «Louis Soutter, probablement» heisst das Buch, das 2016 bei Éditions Zoé erschienen ist. (Deutsche Übersetzung: «Louis Soutter, sehr wahrscheinlich», Verlag die Brotsuppe, 2020).
Lukas Hartmann, einer der bekanntesten Schweizer Autoren der Gegenwart, wurde 1944 in Bern geboren, wo er auch heute lebt. Er schreibt Bücher für Erwachsene und Kinder.
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