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Mit den Erfolgen bei Hochseeregatten und beim America’s Cup haben die Schweizer einen festen Platz in der Weltspitze des Segelsports erobert. Die Liebe zum Meer ist in diesem Land stark ausgeprägt – auch dank der Kombination aus grossen Seen, Technik und Geld.
Pierre Fehlmann, Stève Ravussin, Bernard Stamm, Dominique Wavre, Ernesto Bertarelli. Kennen Sie diese Namen? Hoffentlich! Sie alle sind Schweizer Segler, die auf höchstem Niveau erfolgreich waren: die vier Erstgenannten bei Hochseeregatten, Bertarelli im taktischen Regattasegeln. Er gewann mit dem Team Alinghi zweimal den renommierten America's Cup. Dann da ist unter den bekannten Namen auch noch die Gräfin Hélène Pourtalès, amerikanisch-schweizerische Skipperin und Doppel-Goldmedaillengewinnerin bei den Olympischen Spielen 1900 in Paris, und nicht zu vergessen Louis Noverraz, ehemaliger Navigator aus der Romandie, der jahrzehntelang die Schweizer Fahne in der Welt hochhielt (siehe Kasten). «Wir sind ein Alpenland mit berühmten Seglern», sagt This Oberhänsli, Kurator einer Ausstellung über die Schweiz als Segelnation, die bis Mitte Oktober im Verkehrshaus in Luzern zu sehen ist. Ein Höhepunkt für das Publikum ist die Besichtigung der SUI-100, der Siegerjacht des America's Cup 2007. Doch im Museum steht auch ein Modell der Mérit, die dem Vater des Hochseeregatta-Segelns in der Schweiz gehörte: dem bereits erwähnten Pierre Fehlmann.
Zehn Beteiligungen an Weltumsegelungen, von denen acht abgeschlossen wurden, sind laut Dominique Wavre «ein erstaunlicher sportlicher Erfolg» für die Schweiz. «Insbesondere auf dem Gebiet der Offshore-Regatten gibt es seit bald 30 Jahren viele Segler aus der Romandie, die der Tradition ihres französischen Vorbilds Eric Tabarly folgen», sagt er. Diese Welle, die auch Dominique Wavre erfasst hat (der hinter der Gründung des Regattatrainingszentrums in Genf steht), habe auch die Jugend zum Träumen gebracht und sie mitgerissen. Diese Feststellungen lassen vermuten, dass man vom Segelsport in der Schweiz noch viel hören wird.
Hochseeregatten wie die Vendée Globe oder der Solitaire du Figaro üben grosse Faszination auf die Öffentlichkeit aus. «Es ist eine naturnahe Ausdauersportart», sagt Dominique Wavre, «ein ewiger Kampf mit den Elementen und dem Wetter, den wir mal vor Südafrika, mal vor Australien führen, während in der Schweiz Winter herrscht.» Und es sei auch eine Gelegenheit, auf die Umwelt aufmerksam zu machen. «Das funktioniert, weil die Schweizer nicht nur Outdoor-Aktivitäten wie Wandern oder Skifahren lieben, sondern auch den Wettbewerb.»
Und in der Tat begnügen sich die Schweizer nicht damit, die Vendée Globe im Internet zu verfolgen. «Sie lieben die Mittelmeerüberfahrt, es gibt keine einzige Bucht ohne Boote vom Cruising Club der Schweiz», erzählt der Genfer Segler. Er konnte bei Problemen oder Schäden immer auf die Hilfe seiner Landsleute und der Schweizer Konsulate zählen. Das beste Beispiel sei aber der Bol d'Or auf dem Genfer See, an dem jedes Jahr zwischen 500 und 700 Boote teilnehmen. «Wenn man pro Boot fünf Personen Besatzung rechnet, dazu die Familien, die vom Ufer aus zusehen, kommt man auf 50 Prozent der Bevölkerung der Romandie, die diese Regatta verfolgen», rechnet der Segler.
Bernard Schopfer, Leiter einer Kommunikationsagentur mit Themenschwerpunkt Segeln und Autor mehrerer Bücher über die Navigation beim Segeln*, bringt den Erfolg und die Beliebtheit des Schweizer Segelsports mit drei Begriffen auf den Punkt: See, Technologie, Geld. «Die Schweizer haben international zum Höhenflug dieses Sports beigetragen – mit Schweizer Geld, mit in der Schweiz gebauten Schiffen und mit Schweizer Technologie», sagt er. Zentrum von all dem ist der Genfer See. «Seit dem 14. Jahrhundert oder noch länger existiert die Schifffaht auf diesem See – die ersten Rennen mit Transportschiffen fanden im 19. Jahrhundert statt», sagt der Schifffahrtsexperte. «Heute ist der Genfer See das nationale Zentrum des Segelrennsports in der Schweiz.» Der See sei zudem wunderschön und fast wie ein kleines Meer.
Er hat miterlebt, wie sich an den Ufern des Lac Léman Werkstätten und Werften angesiedelt haben. Bootsbauer wie Lüthi oder Amiguet haben im vergangenen Jahrhundert zuerst Holzboote gefertigt, heute bauen Hersteller wie die Decision SA, die mit Carbon arbeiten, die Boote für den America's Cup und das Volvo Ocean Race. «Das sind Segeljachten, die auf der ganzen Welt bewundert werden.»
Bernard Schopfer meint, die Schweizer fühlten eine Art Verbindung zwischen dem Meer und den Bergen. Viele Schweizer würden zum Beispiel nach Brest reisen, um sich die Parade der alten Grosssegler anzusehen. «Sie haben eine maritime Kultur wie die Bretonen», sagt er lachend.
Segelschiffe sind sehr teure Objekte, Segeln ist ein Sport für Gutbetuchte. Ans Runder kommen kann man allerdings auch ohne grosses Portemonnaie. «Viele Besitzer grosser Boote suchen ständig Besatzungsmitglieder, auch für Fahrten aufs Meer», sagt Schopfer. Zudem habe die soziale Durchmischung auf Schiffen eine lange Tradition: Seit 1900 hätten die Schiffseigner immer wieder Matrosen aus Eaux-Vives und Pâquis an Bord genommen, die kaum je Aufnahme in den Nautic Clubs erhalten hätten. «Aber sobald man auf dem Schiff ist, herrschte Gleichberechtigung», sagt der Autor des 2012 veröffentlichten Buchs «La légende du Léman».
Die Zukunft des Schweizer Segelsports sieht vielversprechend aus, auch wenn die grössten Erfolge bei Olympischen Spielen und in Hochseeregatten schon etwas zurückliegen. Bernard Schopfer verweist auf die Leistungen der beiden Seglerinnen Justine und Elodie-Jane Mettraux, die beim nächsten Volvo Ocean Race im November 2014 als Teil des SCA-Teams mitsegeln werden. «Sie sind aus der Generation Alinghi hervorgegangen, da sind Massstäbe gesetzt worden», sagt Schopfer. Der ehemalige Journalist war für die Kommunikation dieses Kollektivs in Rot und Weiss zuständig.
Und wie schafft man den Wechsel vom See aufs Meer, von der Sicherheit des nahen Ufers zur furchteinflössenden Weite des Ozeans? «Es ist schon hart», sagt Dominique Wavre. «Man bricht von einem Ort, wo man wegen der nahegelegenen Häfen sicherer ist, in eine Welt auf, in der die Ausdauer entscheidend ist für fast alles. Beim Solitaire du Figaro zum Beispiel kommt man während der fast 80 Tage kaum richtig zum Schlafen. Aber wenn man Wettbewerbsgeist hat, will man sich auf internationalem Niveau messen, und das geht eben nur auf dem Meer.»
* «La légende du Léman: Bol d’Or Mirabaud», Bernard Schopfer, Slatkine, 2012.
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