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Die Bernerin Mujinga Kambundji ist die neue Hallenweltmeisterin im Sprint über 60 Meter. Sie schreibt damit Schweizer Sportgeschichte – und animiert gerade eine ganze Reihe an Schweizer Sprinterinnen, es ihr gleichzutun.
Nach dem Zieleinlauf hebt Mujinga Kambundji die Arme kurz in die Luft, verschränkt sie hinter dem Kopf und schaut dann in die Kamera. Man sieht ihr an: Sie ist leicht fassungslos. Denn: Die 29-jährige Bernerin ist soeben Hallenweltmeisterin über 60 Meter geworden. 6,96 Sekunden brauchte sie an der WM 2022 in Belgrad dafür und sicherte sich so die Goldmedaille. Mit diesem Titel schreibt Kambundji Schweizer Sportgeschichte. Erst zwei andere Schweizer Talente holten vor ihr den Hallen-WM-Titel: Kugelstösser Werner Günthör und Hürdensprinterin Julie Baumann.
Maja Neuenschwander ist ehemalige Spitzenläuferin und Projektleiterin «Frau und Spitzensport» bei Swiss Olympic. Sie ist begeistert von ihrer Aufgabe, etwas aber freut sie besonders: Sie erhält immer wieder Briefe von Eltern oder Athletinnen, die ihr danken oder ihr die ganz eigene, persönliche Geschichte ihres Wegs im Leistungssport schildern. Denn: Das Projekt «Frau und Spitzensport» hat zum Ziel, Frauen im Spitzensport bei der Optimierung ihrer Leistung, aber auch der Förderung ihrer Gesundheit, vermehrt zu unterstützen. Themen wie Training, Ernährung oder Erholung im Zusammenhang mit der weiblichen Physiologie sollen vermehrt in den Fokus gerückt werden, so der Anspruch des Projekts.
Gerade mal sechs Prozent der sportwissenschaftlichen Studien (Stand 2021) befassten sich mit dem Training, der Erholung und dem generellen Wohlbefinden von Athletinnen, hält Swiss Olympic zum Projekt fest. Entsprechend fehle nötiges und wichtiges Fachwissen, wie Frauen sportlich optimal gefördert und betreut werden sollten.
«Wir möchten deshalb das sportliche Umfeld der Athletinnen für Themen sensibilisieren, die bisher eher vernachlässigt worden sind», sagt Maja Neuenschwander. Frauenspezifische Themen wie etwa der Einfluss einer (ungesunden) Einschränkung der Energiezufuhr, des Menstruationszyklus oder der Schwangerschaft auf die Leistung seien Tabuthemen. «Auf der physiologischen und mentalen Ebene sind Athletinnen meistens gut betreut. Die Bereitschaft, sich mit spezifisch weiblichen Themen im Spitzensport zu beschäftigen, fällt aber sehr unterschiedlich aus», so Neuenschwander. Bei den Verantwortlichen einiger Verbände sei die Bereitschaft beispielsweise hoch, sich vermehrt mit der weiblichen Physiologie und den damit verbundenen Themen auseinanderzusetzen. Andere Verbände aber hätten andere Schwerpunkte.
Der Titelgewinn an der Hallen-WM ist der vorläufige Höhepunkt einer Karriere in einer Sportart, die von einer hohen Leistungsdichte geprägt ist. Mujinga Kambundji – die zurzeit keine Medienanfragen beantwortet – beschreibt dies im Schweizer Fernsehen SRF so: «Wir haben eine riesige Konkurrenz in der Leichtathletik, vor allem im Sprint. Jeder kann laufen, es braucht nur ein paar Schuhe und eine Bahn.» Dass sie in diesem Umfeld ihren ersten WM-Titel geholt habe, mache sie «stolz».
Allerdings: Schuhe und Bahn genügen nicht, um als Sprinterin international mithalten zu können. Es braucht auch die physischen und psychischen Voraussetzungen sowie Verständnis und Talent für die technischen Abläufe der Disziplin. All das bringt Mujinga Kambundji bereits mit, als sie beim Stadtturnverein Bern als Mädchen mit Leichtathletik beginnt. Sie wohnt damals mit ihren Eltern und den drei Schwestern in Köniz bei Bern, besucht das Gymnasium, trainiert nur in ihrer Freizeit – und wird immer schneller. Vier Medaillen holte sie bis heute als Eliteathletin an internationalen Titelwettkämpfen. Mujinga Kambundji selber sagt nach ihrem Hallen-WM-Titel dazu: «Je besser ich wurde, desto höher wurden meine Ziele.»
Ihr Talent ist also durchaus nicht ihre einzige Stärke. «Sie hat Biss und auch bei Misserfolgen stets weitergemacht», sagt Maja Neuenschwander, Projektleiterin «Frau und Spitzensport» bei Swiss Olympic. Allerdings: Kambundji ist nicht der einzige Stern am Schweizer Leichtathletikhimmel. Neben ihr laufen in der Schweiz gerade eine ganze Reihe weiterer Sprinterinnen sehr schnell und vermögen international mitzuhalten. 2021 etwa schaffte die 4×100-Meter-Staffel der Frauen den Olympia-Finaleinzug.
Was könnte – nebst optimalem Training – der Grund für den Erfolg der Schweizer Sprinterinnen sein? Maja Neuenschwanders Erklärung: «Ich denke, es hat vorab mit der Denkweise zu tun. Mujinga Kambundji hat gezeigt: Es ist möglich, als Schweizerin schnell zu sein. Das war wie eine Initialzündung für andere Athletinnen.»
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