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Eine per Bleistift handgezeichnete Grafik, ein Schauplatz hoch in den Alpen, Horror zwischen Folklore und Surrealismus: Das Computerspiel des Schweizer Spieleentwicklers Michel Ziegler ist ein beeindruckendes Kunstwerk.
Wer die Alpen nur als Schönwettertourist kennt, ahnt wenig von ihrer dunklen Seite. Die Bergbewohner dagegen wissen, dass das Gebirge im Herzen Europas auch ein Ort des Schreckens sein kann. Davon künden zahllose Sagen und Märchen, in denen die Wildnis oberhalb der Baumgrenzen oft genug ihr finsteres Gesicht zeigt.
Genau diese Düsternis hat es dem Luzerner Künstler und Spieleentwickler Michel Ziegler angetan. Der 39-Jährige hat sich für sechseinhalb Jahre einem Spiel verschrieben, das im Frühjahr 2021 erschienen ist – und im November im Rahmen der Swiss Game Awards als «bestes Schweizer Spiel des Jahres» ausgezeichnet wurde: «Mundaun».
«Mundaun» ist ein Horror-Adventure aus der Ich-Perspektive, in dem man an einem entlegenen Ort in den Hochalpen einem Geheimnis auf die Spur kommt. Der mysteriöse Tod des Grossvaters bei einem Brand führt den Protagonisten zurück an den Ort seiner Kindheit, der hoch über dem wolkenverhangenen Tal auf dem Hang eines Zwillingsgipfels liegt. Der Berghof des Grossvaters zwischen frisch gemähten Alpwiesen ist der Ausgangspunkt für ein Abenteuer, das vom rustikalen Idyll schnell in die surreal-unheimliche alpine Sagenwelt abdriftet.
Die Atmosphäre von «Mundaun» ist einzigartig, denn das Spiel ist komplett von Hand gezeichnet: Jede Textur, jeden Teil der Szenerie und jede Figur hat Ziegler aus seinen Bleistiftzeichnungen in die dreidimensionale Spielwelt übertragen. Das gibt dem Spiel einen besonderen, an alte Fotografien und Schwarz-Weiss-Filme erinnernden Stil im Sepia-Ton.
Inspirieren lassen habe er sich von Fotobüchern und -archiven aus den Bergregionen Graubündens, von Sagen und der Rauheit der Natur, sagt Ziegler, ebenso von alten Ställen und den Häusern in Platenga, jener winzigen Siedlung in der Surselva, in denen er die Ferien seiner Kindheit verbrachte. Viele Orte, etwa die kleine Kapelle im Spiel, seien direkt der Realität entlehnt. Auch sprachlich ist das Spiel in der Realität verankert: «Mundaun» ist vollständig in Rätoromanisch vertont. Diese Sprache, die in Untertiteln übersetzt wird, der Grafikstil und die dank gelungener Klangkulisse und Musik dichte Atmosphäre verleihen «Mundaun» einen einzigartigen Charakter.
Wer befürchtet, das Spiel sei nur ein «Walking Simulator», also eines jener Games, in denen die ästhetische Erfahrung der Spielwelt ohne spielerische Elemente auskommt, kann beruhigt sein: Es gibt erstaunlich viel zu tun in diesem Spiel. Das Lösen abwechslungsreicher Rätsel und die Erkundung der Welt stehen im Zentrum der knapp sieben Stunden Spielzeit, die allerlei Beschäftigungsmöglichkeiten bieten: Monster können bekämpft oder umgangen werden, wer Holz, Wasser und Kaffeepulver auftreibt, darf Kaffee kochen, der die psychische Gesundheit stärkt, und oberhalb der Schneegrenze warten Schlitten auf mutige Abfahrer. Dazu erzählt «Mundaun» eine spannende Horrorgeschichte, die sich bis zum Finale steigert.
Michel Ziegler hat seit dem Herbst 2014 ausschliesslich und überwiegend allein an dem Spiel gearbeitet. Erst am Ende der Entwicklungszeit wurde er vom unabhängigen US-amerikanischen Videogame-Verlag MWM Interactive unterstützt.
Mit dem Idealbild einer steilen Indie-Solokarriere, wie es legendäre Ausnahmeerscheinungen wie Markus «Notch» Persson («Minecraft») geprägt haben, hat die Arbeit an «Mundaun» freilich wenig gemein. Michel Ziegler hat nach einem Informatikstudium erst mit Ende zwanzig zusätzlich ein Illustrationsstudium abgeschlossen. Dass er sein eigenwilliges Projekt verwirklichen konnte, ist Entwicklungsförderungen zu verdanken, die er dafür in Anspruch nehmen konnte. 120 000 Franken sind Ziegler zufolge im Lauf der Jahre aus verschiedenen Quellen zusammengekommen.
Fortnite, Mario Bros. und Minecraft dürften fast allen ein Begriff sein. Kein Wunder: 2,5 Milliarden Menschen spielen weltweit Videogames. Die Ausstellung «Games» nimmt die Besucherinnen und Besucher mit auf eine Zeitreise durch die rund 50-jährige Geschichte der elektronischen Spiele. Die Ausstellung folgt ihrer historischen und technischen Entwicklung, thematisiert aber ebenso Aspekte, die als bedenklich wahrgenommen werden. Und: Spielstationen laden dazu ein, die Games selbst auszuprobieren. Täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet, montags geschlossen. www.forumschwyz.ch/games
Ohne diese Fördergelder und die durch die Kulturstiftung Pro Helvetia ermöglichte Präsenz auf Games-Messen – zum Beispiel in San Francisco – wäre es für einen Solo-Entwickler wie ihn so gut wie unmöglich gewesen, auf dem Spielemarkt Fuss zu fassen, sagt Ziegler.
Und: Die Entwicklung von «Mundaun» sei voller Höhen und düsteren Tiefen gewesen. Für das Publikum hat sich die Arbeit gelohnt: Ein Spiel wie «Mundaun» hat man tatsächlich noch nie gesehen. Es ist ein beeindruckendes Games-Kunstwerk, das auch als unterhaltsames Horrorspiel funktioniert. Man kann dem Spiel nur wünschen, dass es trotz seines beinahe radikal lokalen Charakters ein möglichst grosses internationales Publikum findet.
Der Luzerner Künstler und Spieleentwickler Michel Ziegler | The Making of «Mundaun»
Kommentare
Kommentare :
Sehr cool. Now, where can we play it?
For detailed information please visit https://www.mundaungame.com/