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Die Schweiz ist weltweit führend im Goldhandel. Doch das Rohgold, das in Schweizer Raffinerien veredelt wird, stammt mitunter aus zweifelhaften Minen. Nun wächst der Druck für mehr ethische Verantwortung in der gesamten Rohstoffbranche.
«Es ist nicht gänzlich auszuschliessen, dass menschenrechtswidrig produziertes Gold in die Schweiz gelangt.» Dieses brisante Fazit zieht der Bundesrat in einem letzten November publizierten Bericht über Goldhandel und Menschenrechte. In Erfüllung eines parlamentarischen Vorstosses sorgte die Regierung mit dem Goldbericht erstmals für etwas Transparenz in einer sonst verschwiegenen Branche.
Der Goldsektor spielt für die Schweiz eine wichtige Rolle: Hier finden sich 40 Prozent der weltweiten Raffineriekapazitäten. Vier der neun globalen Branchenführer sind in der Schweiz ansässig. Goldraffinerien wie Argor-Heraeus, Metalor, Pamp oder Valcambi bearbeiten importiertes Rohgold oder schmelzen bereits bestehende Goldwaren um. Im Jahr 2017 wurden über 2400 Tonnen Gold im Wert von fast 70 Milliarden Franken zur Weiterverarbeitung in die Schweiz eingeführt, das entspricht rund 70 Prozent der weltweiten Goldproduktion. Das Rohgold stammt aus rund 90 Staaten – darunter auch aus Entwicklungsländern wie Burkina Faso, Ghana und Mali, die stark vom Goldexport abhängig sind.
Weltweit wird rund 80 Prozent des Rohgoldes in industriellen Minen abgebaut. 15 bis 20 Prozent stammt aus handwerklich betriebenen Kleinminen, wo oft prekäre Arbeits- und Umweltbedingungen herrschen. Doch bietet der Kleinbergbau Millionen von Familien eine Existenz: Weltweit arbeiten mehr als 15 Millionen Menschen in solchen Kleinminen – davon 4,5 Millionen Frauen und 600 000 Kinder. Sie sind besonders dem Risiko von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Zwar versuchen einige Länder wie Peru oder Äthiopien, den informellen Bergbausektor in geregelte Bahnen zu lenken, etwa mit der Erteilung von Schürflizenzen. Doch hapert es an der Umsetzung, oder es fehlt an der Kontrolle vor Ort.
Kürzlich sorgte ein Fall von mutmasslich illegalem Goldhandel in Peru für Schlagzeilen. Die dortigen Zollbehörden konfiszierten im März 2018 fast 100 Kilogramm Gold der Exportfirma Minerales del Sur. Das Rohgold hätte an die Schweizer Raffinerie Metalor geliefert werden sollen. Der Fall liegt nun bei der peruanischen Justiz. Minerales del Sur, das zuweilen bis zu 900 Zulieferer hatte, steht gemäss Staatsanwaltschaft im Verdacht, das Gold bei illegalen Schürfern bezogen zu haben. Ein Strafverfahren wurde bislang nicht eröffnet. Metalor hat laut eigenen Angaben den Import von Gold aus Peru seit der Beschlagnahmung gestoppt und betont, Gold ausschliesslich von registrierten und legal schürfenden Minen bezogen zu haben.
Laut dem Goldbericht des Bundesrates stammt das in der Schweiz veredelte Rohgold vorwiegend aus industriellen Minen. Doch eruieren lässt sich dies nicht im Detail. Die verfügbaren Importstatistiken erlauben weder eine eindeutige Bestimmung der Herkunft des Rohstoffes noch dessen Produktionsverfahren. Der Bundesrat empfiehlt der Branche deshalb, punkto Herkunft für mehr Transparenz zu sorgen, zum Beispiel in der Zollerklärung. Bei der Sorgfaltspflicht sieht die Regierung aber keinen Handlungsbedarf und verweist auf die freiwillig eingeführten Nachhaltigkeitsstandards der Branche. Die Schweiz unterstützt zudem die Umsetzung der OECD-Leitsätze zur Förderung verantwortungsvoller Lieferketten für Minerale aus Konflikt- und Hochrisikogebieten. Dadurch soll vermieden werden, dass der Goldhandel bewaffnete Konflikte anheizt, zum Beispiel in der Demokratischen Republik Kongo. Prüfen will der Bundesrat, ob mit Blockchain-Technologie – gemeint sind dezentralisierte Datenbanken – die Rückverfolgbarkeit des Goldes verbessert werden könnte.
Gesetzliche Verschärfungen sind aus Sicht des Bundesrates unnötig. Vielmehr setzt die Schweizer Regierung auf die Selbstregulierung der GoldBranche, die international unter grossem Wettbewerbsdruck stehe. Diese wirtschaftsfreundliche Haltung sorgt nicht nur bei Nichtregierungsorganisationen (NGO) für Kopfschütteln. Von einem «Eigengoal» schrieb der Basler Strafrechtsprofessor und Antikorruptionsexperte Mark Pieth in einem Kommentar auf Swissinfo.ch: Dem Bundesrat sei offenbar «das Geschäft wichtiger als die Menschenrechte», und er liefere so geradezu einen «Steilpass» für die KonzernverantwortungsInitiative. Das Volksbegehren, das 2016 von rund fünfzig NGOs eingereicht worden war, hat zum Ziel, dass Schweizer Konzerne sowie ihre Zulieferer im Ausland für Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden haften. Pieth kritisiert am Goldbericht vor allem, dass der Bundesrat darin die Schuld für Missstände «einseitig» dem lokalen Kleinbergbau zuschiebe. Vielmehr seien es oft multinationale Unternehmen, die für giftige Abraumhalden, Kontaminierung der Gewässer und die Enteignung indigener Gemeinschaften verantwortlich seien.
Die Konzernverantwortungsinitiative stösst gemäss Umfragen in der Bevölkerung auf viel Sympathie. Der Nationalrat wollte den Initianten mit einem Gegenvorschlag den Wind aus den Segeln nehmen. Vorgesehen war, das Aktienrecht mit Haftungsbestimmungen für Unternehmen zu ergänzen. Davon wollte aber der Ständerat nichts wissen. Im März lehnte eine Mehrheit der kleinen Parlamentskammer die Initiative ab, ohne auf einen Gegenvorschlag einzutreten. Mit den geplanten Haftungsbestimmungen drohten den Schweizer Unternehmen grosse Nachteile, warnte etwa der Zürcher FDP-Ständerat Ruedi Noser. Die Schweizer Wirtschaft könnte gar gezwungen sein, sich aus zahlreichen Ländern zurückzuziehen. Nun ist wieder der Nationalrat am Zug. Kommt es zwischen den Räten zu keiner Einigung, dürfte die Konzernverantwortungsinitiative ohne Gegenvorschlag zur Volksabstimmung gelangen. Ein Abstimmungstermin steht noch nicht fest.
Das bekannteste Goldstück der Schweiz ist das «Goldvreneli». Die Münze mit dem Konterfei der Helvetia wurde in den Jahren 1887 bis 1949 geprägt. Das Gold für die Herstellung stammte damals aus europäischen Ländern. Insgesamt kamen 58,6 Millionen Münzen mit dem Nominalwert von 20 Franken in den Umlauf. Dazu kamen 2,6 Millionen 10-Franken-Münzen und 5000 Stück mit einem Nominalwert von 100 Franken.
Bis heute ist das «Goldvreneli» ein populäres Geschenk – und eine unkomplizierte Wertanlage. Die 20-Franken-Münze mit einem Goldanteil von 5,8 Gramm hat derzeit einen Marktwert von rund 270 Franken und kann in der Schweiz an jedem Bankschalter eingetauscht werden. Mehr Geld gibt es für seltene Jahrgänge: Für ein «Vreneli» aus dem Jahr 1926 werden gar bis 400 Franken gezahlt. Bei Sammlern begehrt sind auch die Prägungsjahre 1904–1906, die rund 300 Franken wert sind. Weshalb das «Goldvreneli» im Volksmund so genannt wird, ist wahrscheinlich der jugendlichen Darstellung der Helvetia geschuldet. Ihr Konterfei mit dem eingeflochtenen Haarzopf erinnert eher an ein bäuerliches Mädchen als an eine gestandene Landesmutter.
Kommentare
Kommentare :
Später, bei der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Verwaltungsakten der Nazis, fanden sich die Belege dafür, dass die offizielle Schweiz diese Gold-Geschäfte gemacht hatte.
Generell hat sich die offizielle Schweiz in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten auch mit anderen dunklen Angelegenheiten nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Ein Beispiel: Die Rückgabe der von Juden in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg bei Schweizer Banken deponierten Vermögenswerten. Während die Rückgabe von Vermögen an die Opfer erschwert wurde, wurden die von Nazi-Kriegsverbrechern am Ende des Krieges ebenfalls bei Schweizer Banken deponierten Gelder anstandslos ausbezahlt.