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Charles Lewinsky | Der Wille des Volkes

21.03.2018 – RUTH VON GUNTEN

Kurt Weilemann ist ein pensionierter Journalist der alten Schule, in der genaues Recherchieren und gute Sprache zum Berufsethos gehörten. Die Zeiten haben sich geändert und er ist nicht mehr gefragt. Eines Tages bittet ihn Derendinger, ein ehemaliger Kollege, um ein Treffen. Dabei redet dieser so verworren, dass Weilemann ihn krank wähnt. Aber als Derendinger wenige Stunden danach tot ist, wird Weilemann schnell klar, dass es sich nicht um Selbstmord, die offizielle Auslegung, handeln kann. Seine Neugier ist geweckt und wird von Eliza, einer jungen Freundin des Verstorbenen, noch angestachelt. Er beginnt zu recherchieren und stösst dabei auf eine Wahrheit, die bei Bekanntwerden eine explosive Kraft hätte. Weilemann sieht sich mit dem omnipotenten staatlichen Machtapparat, der die Wahrheit um jeden Preis vertuschen will, konfrontiert und muss sogar um sein Leben fürchten.

Das vorliegende Buch von Charles Lewinsky ist Krimi und Zukunftsroman zugleich. Schauplatz ist Zürich und das politische Parkett der Schweiz. Das Land wird von der populistischen Partei der «Eidgenössischen Demokraten» regiert, deren schwerkranker Präsident, Stefan Wille, im Krankenhaus von Maschinen am Leben gehalten wird. Das Gedankengut von Wille beeinflusst auch weiterhin die Parteizentrale, in der alle Fäden gezogen werden. Kontrolliert wird alles und überall mit Überwachungskameras und elektronischen Geräten. Die Volksmeinung wird subtil und raffiniert durch politische Werbung und die Medien gesteuert. Der daraus resultierende Volkswille rechtfertigt für Partei und Staatsapparat alle Mittel, um für Ruhe und Ordnung zu sorgen.

Der Autor hat mit dem grantigen, aber scharfsinnigen Sturkopf Weilemann eine Figur geschaffen, die man einfach mögen muss. Die Geschichte hält die Spannung eines Krimis nicht immer, ist aber klug, witzig und kritisch erzählt. Das entworfene Zukunftsbild einer totalitären Schweiz ist beunruhigend und wird hoffentlich nie Realität.

Charles Lewinsky, 1946 geboren, studierte Germanistik und Theaterwissenschaften. Er arbeitete als Regisseur und Redaktor, bevor er sich ab 1980 als freischaffender Autor einen Namen machte. Zahlreiche TV-Shows, darunter die erfolgreichste Sitcom-Reihe «Fascht e Familie» des Schweizer Fernsehens, entsprangen seiner Feder. Hörspiele, Songtexte, Drehbücher und Theaterstücke gehören ebenfalls zu seinem Repertoire. Seine Romane wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Lewinsky lebt im Winter in Zürich und im Sommer in Vereux, Frankreich.

Charles Lewinsky: «Der Wille des Volkes». Nagel & Kimche, 2017. Seiten 384, CHF ca. 27.90.–; Euro 24.–

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