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Die Schweiz war in diesem Jahr Schwerpunktland an der Leipziger Buchmesse, dem grössten Buchfestival der Welt. Für den Auftritt der Schweiz gab es überall viel Lob. Doch Autoren und Politiker mussten nach der Abstimmung vom 9. Februar viel Erklärungsarbeit leisten.
Der Aufmarsch zwischen dem 13. und dem 16. März in Leipzig war beeindruckend: über 80 Autorinnen und Autoren aus allen vier Sprachregionen der Schweiz, etwa 70 Verlage, Kulturinstitutionen wie Pro Helvetia, eine Delegation der Image- und Kommunikationsagentur des Bundesrates, genannt Präsenz Schweiz, dazu Wissenschaftler, Journalisten und auch Alain Berset, der für die Kultur verantwortliche Bundesrat. «Auftritt Schweiz» hiess das Ganze. Die Organisatoren der Leipziger Buchmesse vermieden den Begriff «Gastland», wie er vielerorts üblich ist, schliesslich gehört ein grosser Teil der Schweizer Schriftsteller zum deutschsprachigen Kulturkreis – und Grenzen zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es im literarischen Schaffen kaum.
Irritiert waren viele Europäer jedoch über das Ja der Schweiz zur Initiative gegen Masseneinwanderung der SVP kurz vor Eröffnung der Buchmesse. Da stand ein Gast im Mittelpunkt, der selber kein guter Gastgeber mehr sein will. Zeigte sich da – nach den Abstimmungen von 2009 und 2010 über das Minarettverbot und über die Ausschaffung straffälliger Ausländer – einmal mehr eine fremdenfeindliche Schweiz?
Bundesrat Alain Berset gelang es, mit einer kurzen, aber brillanten Rede das Bild wieder etwas ins Lot zu rücken. Er begann mit einem Zitat des österreichischen Schriftstellers Roda Roda: «Als Schweizer geboren zu werden, ist ein grosses Glück. Es ist auch schön, als Schweizer zu sterben. Doch was tut man dazwischen?» Die Antwort von Alain Berset auf diese Frage: «Zurzeit ist man versucht zu sagen: Man verwirrt die Welt. Und danach erklärt man der verwirrten Welt die Schweiz.»
Berset erklärte auch, wie sehr Schweizerinnen und Schweizer kulturelle Grenzgänger sind, unterwegs zwischen den verschiedenen Sprachgruppen, gezwungen, ständig zu übersetzen. Zusammengefasst hat er es in einem Satz: «Wir haben das Privileg, uns gegenseitig verstehen zu müssen.»
Viele Vertreter der Schweiz, von der hochgelobten Jungautorin Dorothee Elmiger über den Bestsellerautor Martin Suter bis zum Altmeister Franz Hohler, hatten in den darauf folgenden Tagen die Gelegenheit, die Schweizer Literatur den Lesern näherzubringen – und die Aufgabe, in Diskussionsrunden, Fernsehsendungen, Zeitungsinterviews, etwas gegen die Verwirrung zu tun und dem Publikum die Schweiz zu erklären. Oft zitiert wurde die Erklärung des emeritierten Literaturprofessors Peter von Matt: «In jeder Gesellschaft gibt es dreissig Prozent Idioten, auch in der Schweiz.»
Bild Die «Rote Bank» war ein Blickfang des Schweizer Auftritts in Leipzig. In der Stadt standen überall Bänke zum Verweilen und Lesen
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