Gesehen
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Wie bleibt ein Museum, das auf den ersten Blick ein ganz eng gefasstes, begrenztes Thema zum Gegenstand hat, über die Jahrzehnte hinweg anregend? Solches fragt man sich mit Blick aufs Bourbaki-Museum in Luzern, einem Museum, das architektonisch und inhaltlich von einem einzigen Ereignis geprägt ist: der winterlichen Grenzüberschreitung von 87 000 zerlumpten, frierenden und hungernden Soldaten unter dem französischen General Bourbaki im Jahr 1871.
Unter Bourbakis Führung suchte die desolate Armee Zuflucht in der Schweiz. Und in der Folge trug die Aufnahme, Entwaffnung und Internierung der Geflüchteten massgeblich zum Schweizer Selbstverständnis von Humanität und Neutralität bei, – dies auch dank dem Maler Edouard Castres, der die Grenzüberschreitung, die für eine ganze Region zu einer Grenzerfahrung wurde, auf ein 112 Meter langes Gemälde bannte. Das Gemälde ist das Kernstück des BourbakiMuseums. Heute zieht das Panoramagemälde – das Medium Panorama gilt auch als Vorläufer des Kinos – noch immer in den Bann: Castres Werk bleibt ein herausragendes Kunstwerk und es bleibt eine künstlerische und schonungslose Kriegsanklage: Castres Pinsel heroisiert das Leiden nicht.
Während dem Erinnerungsjahr 150 Jahre nach der Grenzüberschreitung der ausgezehrten Soldaten erinnert das Museum nicht nur ans damalige Leid und an die damalige Solidarität, mit der die Schweiz den vielen Geflüchteten begegnete. Vielmehr schlägt es den Bogen zu heute – zu heutigen Grenzgeschichten und Grenzerfahrungen: Es spielt – und provoziert – mit der Auslotung von Grenzen aller Art, führt aufs Terrain der eigenen, menschlichen Grenzen, rückt moderne Grenzwächter ins Bild und auch jene, die an unseren heutigen Landesgrenzen scheitern. Grenzen, wird dabei klar, sind beides: Gefahr und Chance. All das vermittelt das Museum nicht mit Staffelei und in Öl wie einst Castres, sondern mit einem Cocktail multikultureller Angebote, Bilderrätseln, Podien, thematischen Führungen. Auch in der Vermittlungsform verschiebt das im Jahr 1871 verankerte Museum seine Grenzen.
Erinnerungsjahr Bourbaki – Sonderausstellung und -anlässe bis 31.12.2022 – www.bourbakipanorama.ch
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Ein Bild vergangener Geschichte als aktuelles Mahnmal unserer modernen Gegenwart!