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Bis 2024 werden alle Schweizer Radiostationen ihre Programme über ein digitales Signal ausstrahlen. Dies bedeutet das Ende des UKW-Funks. Mit Unterstützung des Bundes haben nun bereits Dutzende Alternativradios die Umstellung auf die DAB-Technologie geschafft.
Die Zeit der Piratensender, in der Aktivisten illegale Antennen installierten, um das FM-Band zu nutzen, liegt weit zurück. Heute ist das Radio dabei, sich von den Zwängen des terrestrischen Netzes zu befreien. Einerseits sind alle Sender über das Internet verfügbar – was einen kostenpflichtigen Anschluss voraussetzt. Andererseits strahlen die meisten Sender nicht mehr nur auf UKW aus, sondern auch über ein digitales Signal. Es handelt sich hierbei um das Digital Audio Broadcasting (DAB), die digitale Verbreitungstechnologie für das Radio. Dieser Übertragungsweg bietet einen störungsfreien Empfang und kann Text- und Bildinformationen einbinden: eine eigentliche Revolution!
Es zeigt sich, dass diese Umstellung ganz nebenbei die Entstehung einer noch nie dagewesenen Schweizer Rundfunklandschaft ermöglicht hat, die kleineren Sendern – häufig Internetradios – den Zugang zur DAB-Technologie bietet. Dieses Nebennetz existiert dank einem Kleinunternehmen, der Digris AG, das dem DAB neue Sendemöglichkeiten eröffnet. Das Start-up mit Sitz in Zürich hat mithilfe von Aktivisten für einen freien Rundfunk eine verbrauchsarme, kostengünstige Technologie entwickelt. Dank dieser konnte Digris im Jahr 2013 eine Funkkonzession beim Bund erwerben. Das Kleinunternehmen hat sich zur wichtigsten nichtkommerziellen Radiostation der Schweiz entwickelt. «Dem Unternehmen gehören 70 Sender an, was der Hälfte der Radios entspricht, die via DAB ausstrahlen», freut sich Thomas Gilgen, Geschäftsführer der Digris AG, die eine Art Monopolstellung im Rundfunksegment einnimmt.
Digris bietet denn auch eine von den Sendern als kostengünstig erachtete Dienstleistung für den Zugang zum «Broadcasting» an. Das Abonnement kostet rund 14 000 Franken pro Jahr, gegenüber 100 000 Franken bei einem grossen Netzbetreiber wie beispielsweise der Romandie Médias SA, die 2014 das erste private DAB-Angebot in der Westschweiz lancierte.
Die Schweiz zählt heute 3,5 Millionen mit einem DAB-Empfänger ausgestattete Geräte, davon 1 Million in Autos. Die Technologie stellt eine Frage von nationaler Bedeutung dar. Der Bund hat DAB mit Informationskampagnen und finanziellen Mitteln für die Radiostationen in Höhe von 8 Millionen Franken für das Jahr 2017 unterstützt, wie René Wehrlin, Verantwortlicher für den digitalen Rundfunk beim Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) erklärt. «Der UKW-Empfang ist überholt. DAB bündelt den Zugang zum drahtlosen Netz für Radiostationen und bietet Zugriff auf ein breites Spektrum an Digitaldiensten», fasst er zusammen. Bessere Tonqualität, geringere Kosten: Viele Argumente sprechen für diese neue Technologie, frohlockt das BAKOM.
Bis 2024 wird das UKW-Netz, der Ankündigung des Bundes zufolge, vom DAB abgelöst sein. Die Massnahmen, die diese Umstellung ermöglichen sollen, laufen bereits. Im Wesentlichen erteilt der Staat keine neuen Konzessionen mehr für analoge UKW-Radios und unterstützt alle Sender bei der Umstellung auf die digitale Verbreitung. So übernimmt die BAKOM für ein von Digris verbreitetes, nicht-kommerzielles Radio 80 Prozent der Kosten für ein von ihr zur Verfügung gestelltes DAB-Serviceabo. Die Einrichtung eines digitalen Studios in einem Radio kann ebenfalls von einer finanziellen Beihilfe profitieren. Im Übrigen hat die No-Billag-Initiative diese öffentliche Unterstützung der kulturellen und lokalen Radioprogramme hervorgehoben, wie der Chef eines kleinen, assoziativen Senders, der weiter unten genannt wird, festhält.
Die Umstellung auf das drahtlos empfangene Radio betrifft auch die Verkehrswege, und das Bundesamt für Strassen will der Million bereits mit einem DAB-Empfänger ausgestatteten Fahrzeugen eine hundertprozentige, landesweite Abdeckung bieten. Früher oder später werden zunächst alle mehr als 300 Meter langen Autobahntunnel (und anschliessend die kantonalen Tunnel) mit Sendeanlagen ausgestattet. Insgesamt wird ihre Zahl bis 2019 um 50 Prozent steigen, gibt das BAKOM an. «Der Hauptgrund für diese Politik steht mit der Sicherheit im Zusammenhang», so René Wehrlin, «denn im Katastrophenfall wäre die Bandbreite für die an das Internetradio angeschlossenen Smartphones sehr rasch gesättigt, während das DAB-Radio jederzeit verfügbar ist.»
Zurück zu den kleinen Alternativradios, für die der Zugang zum DAB-Funk sowohl eine Anerkennung als auch einen symbolischen Schritt darstellte. Radio Vostok, ein assoziativer Sender aus Genf, strahlte früher ausschliesslich über das Internet aus. Die Radiostation, die seit 2015 Kundin von Digris ist, konnte ihre Hörerzahl verdoppeln. «Wir haben beschlossen, die Livestunden zu erhöhen; sie sind von einer auf zwölf Wochenstunden gestiegen», freut sich Charles Menger, Mitgründer und fester Mitarbeiter bei Radio Vostok.
Der Genfer oder Berner Hörer hat ab sofort über sein Radio Zugang zu einem breiten Spektrum an Sendern, die über DAB ausstrahlen (45 Sender in Genf).
Dagegen erscheint der Empfang von durch Digris übertragenen Programmen nach einem Test in einer Wohnung weniger stabil als der Empfang von kommerziellen oder öffentlich-rechtlichen Radios. «Das hat mit der Leistung und der Entfernung zu den Sendeanlagen zu tun», schätzt das BAKOM. Der Geschäftsführer von Digris entgegnet hierzu, dass er eine Erhöhung seiner Verbreitungskapazität plant.
Hinter den Kulissen dieser jüngsten technischen Revolution tobt ein «Handelsstreit» zwischen Service public und Privatsendern beziehungsweise zwischen DAB und Internet, meint Thomas Gilgen. «Gegenwärtig weigern sich die Smartphone-Hersteller, in ihre Geräte DAB-Empfänger einzubauen, auch wenn sich gezeigt hat, dass dies mit Mikrochips möglich ist. Wenn sich auf politischer Ebene nichts tut, wird in zehn Jahren jedes Auto und jeder Haushalt nur noch Internetradio über das Smartphone empfangen, und die Schweizer Internetbranche wird die Oberhand über das Funkband gewinnen.»
Dies ist die Frage der «Netzneutralität», bei der die Durchleitung je nach Anschlussqualität variiert und die vom Vertrag mit einem Anbieter abhängt, während die Billag einen uneingeschränkten Radioempfang finanziert. René Wehrlin ist sich der Situation bewusst, befürchtet jedoch nicht, dass das DAB dem Web unterliegen wird, da er der Meinung ist, dass Smartphone-Hersteller und grosse Betreiber nur ein geringes Interesse am Radio haben. Weshalb? «Es wirft nicht genug ab», erklärt er abschliessend.
Die Technologie des Digital Audio Broadcasting ermöglicht es, Sender auf einer einzigen Frequenz zu übertragen, während die UKW-Sender Raum zwischen den Wellen benötigen, um zu funktionieren. In der Schweiz werden den Sendern 7 DAB-Frequenzen zur Verfügung gestellt, erklärt das BAKOM. Und auf jeder einzelnen Frequenz können 18 Programme gesendet werden; dies entspricht einem potenziellen Angebot von 126 Sendern. Allerdings ist das DAB in Gebäuden weniger wettbewerbsfähig als UKW, da ein Radio das vollständige digitale Signal benötigt, um zu funktionieren. Bei UKW ist dies nicht der Fall; das Signal kann sich zwar abschwächen, jedoch weiterhin empfangen werden. «Daheim werden die Menschen dem Internetradio über Wifi den Vorzug geben», analysiert René Wehrlin, Verantwortlicher für den digitalen Rundfunk beim Bundesamt für Kommunikation.
Bild Die Technologie und das Verbreitungskonzept von Digris ermöglichen auch kleinen Kultur- und Spartenradios eine DAB-Verbreitung. Foto Keystone
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