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«Die Nationalbank steht vor einer doppelten Bewährungsprobe»
17.03.2016
Aufgabe der Schweizerischen Nationalbank ist es, die Stabilität der Preise sicherzustellen, doch diese sind mit dem Ende der Wechselkursuntergrenze gefallen. Erläuterungen des Ökonomen Philippe Bacchetta.
Philippe Bacchetta, Professor am Swiss Finance Institute und der HEC Lausanne, hinterfragt die Strategie der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und weist auf die starke Exposition des Schweizer Frankens auf den globalen Finanzmärkten hin.
«Schweizer Revue»: Herr Bacchetta, ist die Schweizerische Nationalbank anders als andere Nationalbanken?
Philippe Bacchetta: Die Arbeitsweise der Bank ist die gleiche wie anderswo, allerdings ist die Schweiz ein kleines und auch dem Druck der internationalen Märkte stark ausgesetztes Land. Die SNB ist zum Beispiel deutlich stärker exponiert als die ebenfalls kleine dänische Nationalbank.
Was ist die Rolle des Schweizer Frankens bei dieser Exposition gegenüber dem Ausland?
Ausländische Anleger halten in ihren Portfolios Aktiven in Schweizer Franken. Sie kaufen Schweizer Industrieaktien oder Bundesobligationen. Und sie legen ihr Geld im Schweizer Finanzsystem an, das dieses Geld wiederum teilweise im Ausland anlegt. Der Reichtum der Schweiz, ihre Pensionsfonds und ihre multinationalen Unternehmen sind ihrerseits Quelle ausländischer Investitionen. Daher rührt die besagte Exposition.
Und wie vermehrt die SNB die Geldmenge?
Nehmen wir das jüngste Beispiel eines Devisenkaufs (also der zentralen Massnahme zur Verteidigung der Wechselkursuntergrenze – Anmerkung der Redaktion). Die SNB kauft Obligationen und Wertpapiere in Euro bei einer Schweizer Geschäftsbank. Damit schreibt die SNB der Schweizer Geschäftsbank diese Beträge gut, wodurch die Geldmenge, genauer gesagt die Notenbankgeldmenge, steigt. Die Schweizer Geschäftsbanken haben ein Konto bei der SNB, das den grössten Teil der Geldmenge ausmacht. Dieses Geld profitiert von sehr niedrigen, derzeit sogar negativen Zinssätzen. Aber die Banken wissen nicht, wo sie dieses Geld anderweitig anlegen sollten.
Aber kauft die SNB auch Aktien, beispielsweise amerikanische?
Ja, die SNB verkauft Euro, um damit Dollar zu kaufen, die sie in Aktien anlegt. Um bei ihren Entscheidungen neutral zu bleiben, tätigt die SNB ihre Käufe nach einem bestimmten Börsenindex. Verzeichnet der Aktienindex der New Yorker Börse beispielsweise eine Apple-Aktienquote von zwei Prozent, investiert sie zwei Prozent in diese Aktien. Doch bestimmte Werte, insbesondere die von Rüstungsunternehmen, sind von diesen Käufen ausgeschlossen.
Die Aufgabe der SNB besteht in der Begrenzung der Inflation und der Gewährleistung der Preisstabilität. Hat sie dieses Ziel erreicht?
Streng genommen nicht ganz, da wir eine negative Inflation hatten, die durch die Aufgabe der Wechselkursuntergrenze ausgelöst wurde. (Um wettbewerbsfähig zu bleiben, haben die Unternehmen ihre Preise gesenkt – Anmerkung der Redaktion). Die SNB steht somit vor einer doppelten Bewährungsprobe. Es ist darauf hinzuweisen, dass es eine Phase negativer Inflation gab – keine Deflation, die mit einer Rezession verbunden wäre.
Im Januar 2015 gab die SNB die Wechselkursuntergrenze auf. War sie dazu gezwungen damals?
Die Aufgabe der Wechselkursuntergrenze war unvermeidlich. Denn etwas über seinem Wert zu kaufen, also Euro zu 1.20 Franken anstelle der aktuellen 1.09 Franken, ist nicht gut. In dem Tempo, in dem die Fremdwährungskäufe stattfanden, lägen wir heute bei Aktiven weit oberhalb der Grösse des Bruttoinlandsprodukts der Schweiz, und dieser Zustand wäre immer gefährlicher geworden.
War die Einleitung dieser Politik im Jahr 2011 letztlich eine gute Idee?
Ich frage mich, warum man sie eingeleitet hat, wenn man bereits wusste, dass dies in eine Sackgasse führt.
Kommentare
Kommentare :
Ihre rhetorische Frage lässt sich doch ganz einfach, wie folgt beantworten. Da wurde eine Enscheidung getroffen, bei dieser, weder der realen Dimmension noch dem historischen Kontext,1515 Marignano, berücksichtig wurden.
So einfach ist das